Training

Training

Training


11.12.2020

Wie Cardio-Training das Immunsystem stärken kann

Wie Cardio-Training das Immunsystem stärken kann

©

Es ist sicher keine Übertreibung wenn man behauptet, dass das Immunsystem eines der wichtigsten „Organe“ des Menschen ist ...

So wird das Training zum Immun-Booster

Es ist sicher keine Übertreibung wenn man behauptet, dass das Immunsystem eines der wichtigsten „Organe“ des Menschen ist. Hätten wir es nicht, hätten Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten leichtes Spiel und unser Organismus stände den „Eindringlingen“ ungeschützt gegenüber.

Insbesondere in diesem Jahr ist die Aufmerksamkeit auf das Immunsystem größer denn je und die Menschen suchen nach Möglichkeiten, um ihre Immunabwehr zu stärken.

Das Immunsystem als Abwehrmechanismus
Als Immunsystem bezeichnet man den Abwehrmechanismus unseres Körpers gegenüber Krankheitserregern, die von außen auf uns einwirken, aber auch für den Fall, dass körper­eigene Zellen zu einer Gefahr für unsere Gesundheit werden. Es ist ein hochkomplexes, ausgeklügeltes System aus Prozessen, die gegen Infektionen schützen, und das sich in zwei wesentliche Bestandteile teilt.
Das angeborene, unspezifische Immunsystem ist die erste Verteidigungslinie des Körpers gegen die Erreger. Hier wirken chemische, physikalische, zelluläre  und humorale (Flüssigkeiten) Faktoren. Dazu zählen zum Beispiel die Haut und Schleimhäute, die Atemwege, der Magen bzw. die Magensäure, der Verdauungstrakt. Sie alle verhindern das Eindringen von Erregern und stellen die Hauptimmunabwehr dar.
Falls diese erste Abwehrlinie durchbrochen wurde, greift die spezifische Immunabwehr, auch adaptive Immunabwehr genannt, ein. Diese zweite Linie ist spezifischer im Kampf gegen den Erreger. Hierzu zählen z.B. Granulozyten, Markophagen, Lymphozyten, Natürliche Killerzellen (NK) und Interleukine. Auch wenn die körpereigene Abwehr hoch effizient abläuft, kann sie uns aber nicht immer vor jedem Erreger schützen.

Erreger & Antikörper
Stark vereinfacht dargestellt agiert unsere Abwehr folgendermaßen. Die Immunabwehr be­findet sich  ­– stark vereinfacht ­dargestellt – permanent im Stand-by-Modus. Schafft es ein Erreger die äußere Barriere zu überwinden, wird die Immunpolizei aufgerufen und das angeborene Immunsystem bekämpft den Erreger erfolgreich, indem die Makrophagen ihn aufnehmen und verdauen, oder ihn abtöten.
Ist der Eindringling dem Abwehrsystem unbekannt, wird eine Entzündung ausgelöst und die Durchblutung gesteigert, wodurch der Zelldruck steigt und die Zellwände des Erregers aufbrechen. Durch die Risse gelangen die Abwehrzellen ein und bekämpfen den Eindringling. Die Makrophagen übernehmen wiederum den Rest. Der bekämpfte Erreger wird im adaptiven Immungedächtnis gespeichert und Antikörper werden gebildet. Somit ist der Erreger in Zukunft bekannt und kann leichter unschädlich gemacht werden.

Die Wirkung des Trainings
Regelmäßiges Training stärkt das Immunsystem! Das haben diverse internationale Studien nachgewiesen. Sportliche Belastungen drei Mal pro Woche senken das Risiko für Ausfalltage durch Krankschreibungen signifikant.
Insbesondere häufige Infektionskrankheiten wie Erkältungen, Entzündungen des Rachenraumes oder Mandelentzündungen plagen Sportler wesentlich seltener als Untrainierte. Zu beachten ist aber dabei, dass nicht jede Art von Sport und vor allem Trainingsintensität gleich förderlich ist. Dazu später mehr.
Als Reaktion auf die Belastung schüttet der Körper vermehrt Adrenalin aus, das unser Immunsystem ankurbelt. Natürliche Killerzellen (NK), Lymphozyten und weiße Blutkörperchen sind ebenfalls vermehrt im Blutkreislauf unterwegs. Ein erhöhter Herzschlag transportiert die Immunzellen über das Blut schneller zum Einsatzort, wo durch die Viren oder Bakterien weniger Zeit haben, um dem Körper zu schaden.  
Die Konzentration der Immunzellen im Blut ist abhängig von der Belastung. Dabei führt eine intensive Belastung kurzfristig zu einem höheren Anstieg der Leukozyten als eine moderate Belastung, sinkt aber nach dem Sport rapide wieder ab. Dies führt auch zu der Gefahr einer schwächeren Immunabwehr nach der Belastung und höherem Risiko krank zu werden. Dieses Problem wird auch als „open window“ – in der Wissenschaft beschrieben. Moderate Belastungen bewirken einen langsameren Anstieg, der aber länger anhält und positivere Auswirkungen auf das Immunsystem hat.

Immun-Training, aber wie?
Im Grunde ist Immun-Training eine Frage der individuellen Belastungssteuerung. Dabei gilt es, die Belastung auf die individuellen Voraussetzungen des Menschen anzupassen. Berücksichtigt werden müssen die körperliche Leistungsfähigkeit, aber auch psychische und soziale Aspekte des Menschen. Jegliche Stressoren, mit denen der Mensch im Alltag konfrontiert wird, wirken unter Umständen erheblich negativ  auf das Immunsystem.
Im Gegenzug dazu stärken körperliche Belastungen, die den Körper moderat belasten und als entspannend wahrgenommen werden das Immunsystem und wirken zudem entspannungsfördernd. Besonders empfehlenswert ist diesbezüglich Ausdauertraining im aeroben Bereich. Optimalerweise sollte dabei die Trainingszeit zu 65 – 70% im rein aeroben Bereich, 20 – 25% im gemischt aeroben Bereich und lediglich 5% im hohen Intensitätsbereich absolviert werden. Überwiegt ein Training mit hohen Intensitäten, schwächt Sport das Immunsystem und kann zu erhöhter Krankheitsanfälligkeit führen.

Die fünf  Intensitätsbereiche
Die Sportwissenschaft hat fünf verschiedene Belastungsbereiche für die Belastungssteuerung definiert.
››› Kompensationsbereich (KB)
››› Grundlagenausdauer 1 (GA1)
››› Grundlagenausdauer 2 (GA2)
››› Entwicklungsbereich (EB)
››› Spitzenbereich (SB)

Basis für die Belastungbereiche ist die Energiebereitstellung des Organismus. Die Bereiche KB und GA1 sind aerob, GA2 aerob/­anaerob gemischt und der Entwicklungsbereich sowie der Spitzenbereich anaerob. Ein Immunsystem stärkendes Training sollte nach der prozentualen Aufteilung wie oben beschrieben erfolgen und damit das Training im aeroben Bereich überwiegen. Die Trainingssteuerung erfolgt dann ein aller Regel über die Herzfrequenz.

Diagnose der Belastungsbereiche
Um die individuellen Belastungsbereiche und die damit verbundenen Herzfrequenzen zu ermitteln, stehen in der Sportwissenschaft verschiedene, professionelle diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung. Sie reichen von der Berechnung der Intensitätsbereiche über diverse Formeln über PWC-Tests, Laktatdiagnostik bis hin zur Spiroergometrie.
Letztere gilt als eines der „Gold-Standard“ Verfahren für die Leistungsdiagnostik. Bei der Spiroergometrie wird über die Atemluft bei steigender Belastung auf dem Ergometer die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe gemessen. Außerdem ermittelt die Messmethode die geatmete Menge Luft. Aus der Veränderung der Atmung bei der  Belastungssteigerung und der Veränderung der Sauerstoffaufnahme und CO2 Abgabe, kann auf den Energiestoffwechsel geschlossen werden. Die sogenannten ventilatorischen Schwellen zeigen die Veränderung der Energiebereitstellung von aerob zu anaerob. Parallel dazu wird die Herzfrequenz aufgezeichnet.
Nach Ende des Tests weist die Software den verschiedenen Stoffwechselbereichen die entsprechenden Herzfrequenzen zu. Der Trainer kann diese dann für die Intensitätssteuerung nutzen, damit der Klient sein Trainingsziel erreicht. In unserem Fall wäre dies die Stärkung des Immunsystems.

Fazit
Ein gut funktionierendes Immunsystem ist nicht nur in Corona-Zeiten eine wichtige Lebensversicherung für uns Menschen. Die Stärkung unserer Abwehr ist eine vielschichtige Aufgabe. Richtig dosiertes Training, Ernährung, Entspannung, Lifestyle und „Gedankenhygiene“ spielen eine wichtige Rolle dabei.
Viele dieser Faktoren können wir als Fitness- und Trainingsanbieter unseren Kunden anbieten. Entscheidend ist, dass wir kein Training von der „Stange“ anbieten, sondern Trainingsprogramme  auf Grundlage der Belastbarkeit der Kunden erstellen.
Carsten Stockinger
Literatur zum Thema gibt es auf Anfrage beim Verfasser.


Bildnachweis: © Shutterstock.com__1695166735_BikerBarakuss


‹ Zurück

© TT-Digi 2025